Entwurf einer Gartenstadt- und Wohnhöfe-Siedlung für das Gebiet
Nancystraße Karlsruhe

von Holger Wolpensinger, Dipl.-Ing. (Arch.) in Zusammenarbeit mit ASKA e.V. und Interessenten
 
 

 
 

 
 
 
 
 
 
 

Inhaltsübersicht

ASKA e.V.

Folgende Veranstaltungen und Entwicklungen innerhalb der ASKA e.V. brachten zum Ausdruck, das ein starker Wunsch nach „organischen“ Bauformen besteht, bzw. Interessenten kein Wohnen auf der Hühnerstange verwirklicht sehen wollen.


November 1997: Vorstellung von 4 Diplomarbeiten und eine Studienarbeit (von Thorsten Speer und Holger Wolpensinger) der Uni Karlsruhe und 8 Studienarbeiten der Fachhochschule Darmstadt für das Gelände in der Nordstadt „Smiley West“ im Rahmen einer Veranstaltung der BWK BauWohnBeratung Karlsruhe. Das Feedback der ca. 80 TeilnehmerInnen: monotone Bauformen wurden hinterfragt und der Wunsch nach freien Gebäudeformen wurde formuliert.

Eine Umfrage November 1997 des Vereins bei ASKA-Interessierten zeigt Wohnwünsche auf. Die Umfrageergebnisse wurden im Entwurf umgesetzt.
 

April 1998: Die ASKA organisiert zusammen mit Archy Nova eine Exkursion zu ökologischen Bauprojekten im Stuttgarter und Tübinger Raum. Dabei wird gestalterisch vor allem die Wohnhofsiedlung „Schafbrühl“ in Tübingen sehr positiv wahrgenommen. Das Büro Joachim Eble Architektur in Tübingen hat viele ökologisch orientierte Siedlungen und Gebäude, sowie Stadtplanungen in Deutschland und Europa realisiert. Herr Eble war Lehrbeauftragter am Stiftungslehrstuhl für "Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus" an der Uni Karlsruhe. Über Vorlesungen am Stiftungslehrstuhl und Entwurfsbesprechungen mit Herrn Eble flossen Ideen und Konzepte in den Nancystrassen-Entwurf ein.



Durch Exkursionen zu Beispielen wie der baubiologischen Siedlung Stuttgart-Zuffenhausen (Joachim Eble Architektur, Tübingen), kann die Aufenthaltsqualität von Wohnhofssiedlungen erlebt werden. Das Bild zeigt den Blick in die Siedlung.


Realisierungsaussichten
Das Gelände an der Nancystraße

Entwürfe zur Nancystrasse
Die im Januar/Februar 2001 im Umweltzentrum BUZO ausgestellten Entwürfen, die von Architekturstudierenden der Fachhochschule und Universität Karlsruhe durchgeführt wurden, dokumentieren, dass das Gelände an der Nancystraße mit rund 180 Wohnungen, der zentralen Lage, der guten Anbindung an den ÖPNV und das Radwegenetz für eine Autofreie Solarsiedlung besonders geeignet ist. Mit den Entwürfen liegen nun konkrete Vorstellungen und Zahlen vor, wie der ehemalige Sportplatz des Französischen Militärs einmal aussehen könnte. Eine Realisierung hängt davon ab, wieviele Interessenten für das Wohnmodell gefunden werden können.

Im Zusammenhang mit einer Ausschreibung für das Gebiet Dragonerkaserne in Karlsruhe, konnten innerhalb von zwei Monaten 30 Bauparteien für ein ASKA-Konzept gefunden werden. Leider bekamen wir den Zuschlag dort nicht.

 



Entwurf

   Schwarzplan mit Umgebungsbebauung

Der Entwurf wurde als freies Thema am Lehrstuhl für Städtebau und Entwerfen der Universität Karlsruhe durchgeführt. Da es sich um einen städtebaulichen Entwurf handelt, wurden vor allem die öffentlichen Räume bearbeitet. Weiterhin sollte eine Form gefunden werden, worin sich die partizipierenden BewohnerInnen bis auf wenige Gestaltungsvorgaben frei entfalten können. Die Grundrisse und Fassaden sollen von den künftigen BewohnerInnen und NutzerInnen der Gebäude mitbestimmt werden können, sofern sie möchten.
Neben den Entwurfsbetreuungen von Dr. Peterek flossen die Vorstellungen der ASKA e.V. ein:
- Es fanden während des Entwerfens Treffen mit der ASKA statt.
- Das Raumprogramm wurde auf der Grundlage einer Umfrage unter den Mitgliedern und Interessierten der ASKA e.V. erstellt.

Durch die langjährige ASKA-Aktivitäten (Initiativengründung und Vorstandstätigkeit) konnte der Autor des Entwurfs in unzähligen Gesprächen die Wünsche künftiger BewohnerInnen erfahren. Die Diskussionen an der Universität mit Komillitonen und ökologisch orientierten Fachplanern optimierten den Entwurf und schärften das Konzept.
 
 


Entwurfstheorie
Der Entwurf stützt sich auf die Entwurfstheorie von Christopher Alexander „A pattern language“ (deutsch: „Eine Mustersprache“).
 
Plätze sollen nach „A Pattern Language“ nicht breiter als 15- 18 m sein. Dies ist eine Distanz bei der sich Menschen noch gut etwas zurufen können und die Mimik einer anderen Person und deren Reaktion erkennbar ist. Einsehbare Wohnräume hingegen brauchen diesen Mindestabstand, damit die Privatsphäre der BewohnerInnen gewahrt bleibt. 

Formfindung/Entwurfsherleitung
 
1. Schritt: 
Als reine Zeilenbebauung ohne Beziehung zur Umgebung
 

2. Schritt:
Hinzufügen einer „Lärmschutzbebauung“ zur stark autobefahrenen Kussmaulstraße. Ausbildung einer Eingangssituationen

3. Schritt:
Großteiligere Randbebauung, 
kleinteiligere  Gebäude Innen
 



4. Schritt:
Wohnhöfebildung: um einen Wohnhof gruppieren sich zwischen 15 bis 25 Wohneinheiten 



5. Schritt
Integration von Landschaftselementen
 
 

6. Schritt 
Entwicklung des Regenwasserkonzeptes: alles Regenwasser fließt in offenen Rinnen in den zentralen Regenwasserteich 



7. Schritt 
Thematische Zonierung in reine Wohngebiete
und Bereiche mit gemeinschaftlichen oder öffentlichen Funktionen
8. Schritt 
Definieren von öffentlichen und privaten Bereichen und Bereiche öffentlicher Nutzungen



9. Schritt
Ausbildung der Erschließungsstrasse 

10. Schritt
Entwickeln des Fusswegenetzes

11. Schritt
Überprüfung der Raumqualität mit einer orthogonalen Variante

12. Schritt 
Das Ergebnis 
 

 

Siedlungsrahmendaten
140 WE mit jeweils 110 m² Nutzfläche

davon sind 10% als Büro- und Ladennutzung und
3% zur Nutzung von gemeinschaftlichen Aktivitäten vorgesehen

GFZ brutto: 0,75 (Geschoßflächenzahl)
(gilt als Kompromiss von guter Wohnqualität und flächensparendem ökonomischem Bauen)

GRZ: 0,21 (Grundflächenzahl)
(bebaute Fläche = 5.680 m², davon sind alle Flachdächer, also ein Drittel, begrünt)

Geländegröße: 26.700 m²  (inkl. Straßen, Teich, etc.)

Stellplatzzahl (für Pkws): 0,3 Stpl./WE Das entspricht 36 Stellplätzen,
z.T. Doppelnutzung mit der bestehenden Kindertagesstätte oder Büros und Läden an der Kussmaulstrasse

2,5- 4,5-geschossige Bebauung, vorwiegend in massiver Brettstapelelementbauweise

Angebot von unterschiedlichen Graden an Nähe und Distanz. Singlewohnen, WG´s, nachbarschaftliches und Familien- Wohnen
durch vielfältige Wohnraumangebote:
- von der Singlewohnung,
- über Etagen- und Maissonettenwohnungen,
- zu Reihenhäusern und gemeinschaftlichen Wohnformen (CoHousing).

 


Grundriss

Modell (Blick von Süden)

3x Geld gespart durch neues Mobilitätskonzept
Wahlfreiheit: da die hohen Fixkosten eines eigenen PKW für Versicherung, Anschaffung, Reparaturen, etc. entfallen, ist der „Zwang“ zum Auto zu greifen wesentlich geringer. Nicht immer ist das Auto, das man besitzt, auch für den jeweiligen Mobilitätszweck geeignet. So ist der Mittelklassewagen für die Fahrt alleine zur Arbeit zu groß, für einen Umzug aber eigentlich zu klein. Die ASKA-SiedlerInnen können sich für den jeweiligen Mobilitätszweck das geeignete Fahrzeug leihen
Leben ohne eigenes Auto spart im Schnitt ca. 150 bis 300 DM je Monat (Quelle:Verkehr in Zahlen 1989), zum Teil bis zu 3.000 DM pro Monat (Mercedes 600S; Quelle: Bad. Zeitung 23.3.94) bei gleicher jährlichen Fahrleistung von 13.000 km mit Bundesbahn, ÖPNV, Car-Sharing, Taxi, Fahrrad, zu Fußgehen und Anlieferung von großen Gegenständen, wie z.B. Möbeln.

Bei einer Stellplatzzahl von 0,3 /WE für 140 WE wird der Bau von 98 Stellplätzen eingespart. Wären das Tiefgaragen entspricht das 98 x 40.000 DM = 3,92 Millionen DM, also rund 4 Millionen DM, die gespart oder für andere Zwecke verwendet werden können.
 

Dadurch können sich auch Haushalte mit geringerem Einkommen Wohneigentum leisten.
 

 

Der Stadtmobiltower an der Kussmaulstrasse wirbt für das Carsharingangebot und lässt von weitem schon sehen, ob das gewünschte Fahrzeug auch tatsächlich gerade zu haben ist.

Autofreie Wohnprojekte können das Dogma „ohne Auto kann man nicht Leben“ auflösen. Sie zeigen das das Leben ohne eigenes Auto attraktiver, weil stress- und zeitsparender sein kann und vor allem Geld spart. Dabei behauptet niemand das alle Menschen so leben sollen. Nicht für alle passt das Mobilitäts- und CarSharing-Angebot. Lassen Sie doch einmal prüfen, ob es sich für Sie lohnt,Carsharing zu nutzen.
CarSharing Stadtmobil in Karlsruhe: Tel. 0721 - 9 662 662
Für den Fall, das sich alle Haushalte der Siedlung ein eigenes Auto anschaffen würden, habe ich ein Szenario entwickelt, um die etwa 90 zusätzlichen PkW´s unterzubringen. Das ist so möglich, das die Siedlung auf jeden Fall stellplatzfrei bleibt, die PkW´s also am Rand der Siedlung parken und die Wohnhöfe weiterhin für Kinder und die BewohnerInnen nutzbar sind. Die Kosten für den Bau der neuen Parkplätze dürfen die neuen Auto-besitzerInnen tragen. Wie das Forum Vauban in Freiburg zeigt, ist dieses Modell rechtlich in Form einer Betreibergesellschaft absicherbar.
Links zu Autofreien Wohnprojekten


Solares Bauen
Die Verschattungssimulation am Arbeitsmodell während der Entwurfsphase ermöglichte eine optimierte Besonnung der Gebäudefassaden die hauptsächlich nach Süd-West, Süd, und Süd-Ost oder West orientiert sind. Wohnungen mit vorwiegend Nordzimmern konnten dadurch ausgeschlossen werden.
 

Die Verschattung des endgültigen Entwurfes als gif-Animation
(1,3 MB)
 


Soziales Bauen

Erfahrungen des Cohousings (Baubewegung des Gemeinschaftlichen Bauens und Wohnens vor allem in Dänemark und Holland, aber auch in Deutschland) und der Soziologie zeigen, das Wohngruppen mit einer Größe zwischen 15 bis max. 25 Haushalten gut funktionieren. Das hat etwas mit der Überschaubarkeit der Gruppe und der „Territorien“, dem öffentlich zugänglichen Umfeld, zu tun. Durch zu große Einheiten entsteht Anonymität und Eigeninitiative wird gehemmt, weil sich niemand mehr zuständig fühlt.
Bei 140 Wohneineiten geteilt durch eine durchschnittliche Gruppengröße von 20 Haushalten, ergeben sich 7 Wohnhöfe

Eingangssituation als städtischer Platz
Der Entwurf sieht einen Platz mit urbanem Charakter als Eingang der Siedlung vor. An diesem Platz könnte sich ein Bistro mit Eisdiele ansiedeln. Das Angebot eines schmackhaften, vollwertigen Mittagstisches könnte neben den SiedlungsbewohnerInnen, auch Angestellten des nahegelegenen Städtischen Klinikums, der Westhochschule oder der Bundesanstalt für Wasserbau genutzt werden. Weitere Büros und Läden entlang der Kussmaulstraße ergänzen das Angebot im Quartier.

Entwurfsskizze und Modell


Preiswertes ökologisches Bauen

Die Siedlung soll als Großparzelle erschlossen werden. Dadurch ist beispielsweise ein gemeinsamer Leitungsgraben für Strom, Wasser, Abwasser, Vakuumtoiletten, TV-Kabel, Tel., Internet, etc.,... möglich, die ansonsten aufwendig in extra Graben verlegt werden müssen. Ein Telefon- und TV-Hauptanschluß in der Siedlung und die anschließend interne Verteilung ist preiswerter als jede Wohnung separat anzuschließen und hat den Vorteil des kostenlosen telefonierens innerhalb der Siedlung.

Rund 180 Beispiele ökologischer Siedlungen in Deutschland mit zum Teil Baukosten unter 1.300 €/m² Wohnfläche sind unter www.oekosiedlungen.de mit Bilder nach Postleitzahlen gelistet und mit Kurzdaten und weiterführenden Links dargestellt.

Beachten Sie auch die Studienarbeit "Preiswertes ökologisches Bauen"